Das Märchen von der Reise der
Männerriege Bonstetten am 28./29. Juni im Jahre
MXMVII

Es war einmal eine wackere Schar Bonstetter Männerriegler, die hatten von der Müh und Last des Alltags genug und beschlossen deshalb, ein Wochenende mit vielfältigen sportlichen Aktivitäten an einem verträumten Ort ihres schönen Landes zu verbringen. Und so packten sie ihre Stahlkarossen und fuhren mit Kind und Kegel nach Filzbach im Glarnerland, inmitten saftiger Wiesen und sanft geschwungener Auen, dorthin, wo die Welt noch in Ordnung war.

Nach dem Einrichten der Schlafgemächer bemühte sich Margrit, Herberts trautes Weib, darum, die schlaffen Glieder der Bonstetter Recken und ihrer Familien zum Leben zu erwecken. Einigen weniger trainierten Turnern bereitete das "Zweirad fahren auf dem Rücken" allerhand Mühe, und sie wähnten sich bereits am Ende ihrer Kräfte, noch bevor das Wochenende richtig begonnen hatte.

Nachdem also der Sportsgeist geweckt worden war, wurde mit allerlei vergnüglichen Spielen die Zeit vertrieben. Einem Teil der Recken und Reckinnen versuchte Anita die Regeln eines Spieles beizubringen, bei dem ein Ball wie ein heisser Erdapfel über ein Netz gebracht werden muss. Statt mit einer Kartoffel kann man zum Üben auch ein rohes Ei nehmen, daher der Name "Voll-Ei-Ball".

Andere verlustierten sich bei einem Spiel, bei dem ein kleiner, hohler Ball mit einem besonders zu diesem Zweck angefertigten Schläger in ein Netz geschlagen wird, vor dem jemand steht, der ebendies zu verhindern sucht. Die Kameraden dieses Hüters des Netzes versuchen ihrerseits, den Ball in das andere Netz zu schlagen, wodurch auf dem Spielfeld im allgemeinen ein grosses Durcheinander entsteht.

Wieder andere spielten dann mit einem gefiederten Ball, der, mit tellergrossen Schlägern an einem langen Stiel geschlagen, ständig in der Luft bleiben muss. Wer den Ball fallen lässt, hat einen Punkt verloren.

Nach einer wohlfeilen Stärkung um die Mittagszeit machten sich unsere tapferen Turner auf den Weg zum Talalpsee. Die meisten schnürten ihr Säckel und gingen auf Schusters Rappen, derweil andere ihre Drahtesel bestiegen, um ans Ziel zu gelangen. Die Ansichten über die Strecke waren sehr geteilt: während Ritter Fredi den Weg als sehr steil, ja geradezu überhängend empfand, bezeichnete Prinz Rupi die Strecke als absolut flach.

 Aber alle wurden mit einer wunderschönen Sicht auf den Walensee belohnt, denn inzwischen war die Sonne herausgekommen und liess auch den tapferen Wanderern das Wasser auf die Stirne treten. Der getreue Othmar übte dazu fleissig auf den Titel als Christopherus der Berge - und war trotz Schulterlast und lässig am Gürtel baumelnden Kinderschuhen unter den ersten, die das Wirtshaus erreichten. Die Wirtin war dem gewaltigen Ansturm durstiger Kehlen kaum gewachsen, und so wartete manch ein Wanderer und manch ein Drahteseltreiber ziemlich lange auf das wohlverdiente Bier.

 Einige wagemutige Sportsfreunde machten sich danach einen Spass daraus, mit eigens dafür hergerichteten Schlitten - mitten im Sommer- wieder das Tal zu erreichen. Eine böse Fee aber verhexte den Schlitten vom armen Herbert. Als dieser nämlich wegen eines langsam Vorausfahrenden bremsen musste, war der Schlitten Herberts Bärenkräften nicht mehr gewachsen und verliess kurzerhand die Bahn wie ein trotziges Kind, während der unglückliche Fahrer schwere Blessuren davontrug.

Die Mutigsten nahmen danach noch einen Tretroller, um in atemberaubender Geschwindigkeit das Tal zu erreichen.

Wieder in der Herberge angekommen, versuchten einige mannstolle Weiber, eines kräftigen Mannsbildes habhaft zu werden, indem sie ihm in der Dusche auflauerten. Nachdem aber Max der Kühne sich gerade noch - Zeter und Mordio schreiend - retten konnte und ihm andere Recken zu Hilfe eilten, gaben die Frauen vor, sich nur in der Dusche geirrt zu haben. Wer’s glaubt, zahlt einen Taler.

Nach dem wohlverdienten Essen zur Nacht wurden wieder die Spiele vom Vormittag aufgenommen. Bei einem neuartigen Ballspiel mit dem fremdländisch klingenden Namen "Juke-Ball" übertrafen sich Herbert, Willi und Fredi gegenseitig im Danebenwerfen.

Erschöpft von den vorausgegangenen Anstrengungen suchten jedoch die meisten zur rechten Zeit ihr Nachtlager auf, und so fand dieser erste Tag ein seriöses Ende.

Ruedi und Fredi haben wohl beim Vertilgen der erlesenen Reste vom DUL-X - Buffet so zugeschlagen, dass der Lattenrost ihrer Lagerstatt das Gewicht nicht zu tragen vermochte.

Am nächsten Morgen machten sich unsere wackeren Freunde gleich wieder ans Werk, die einen sitzend und schwatzend, andere gehend und wieder andere laufend. Alexander, der noch-nicht-ganz-so-grosse unterschätzte dabei die Kondition und das Tempo von Prinz Rupi und ging in der Folge verloren. Dank intensiver Suche der eben noch Schwatzenden und Sitzenden wurde er aber bald wieder aufgespürt und zur Herberge geleitet. Mit verschiedenen Spielen wurde der Vormittag abgerundet, unter anderem auch wieder mit dem beliebten Volleyball, das nun langsam wirklich danach aussah. Beim Unihockey ging durch die forsche Bewegung eines Mitspielers Fredis Sehhilfe zu Bruch.

Am Nachmittag konnte dann der krönende Abschluss der Reise unserer Turner durchgeführt werden. Mit nichts weiter als einem Stück Papier, auf das vorher noch am rechten Ort kleine Kreuzchen zu setzen waren, wurden die Teilnehmer buchstäblich in den Regen geschickt. Ritter Herbert schaute dabei so fest aufs Papier, dass ein Glas seiner Brille dem Blick nicht standhalten konnte und beschloss, sich von seinem Gestell zu trennen. Wer also seine Kreuze richtig gesetzt hatte, fand schnell die Posten mit den Lettern und diejenigen, an denen die Geschicklichkeit auf die Probe gestellt wurde. Beim Luftballonplatzen nahm manch Dame in höchster Verzweiflung ihre Fingernägel zu Hilfe; ans Pedalofahren musste man sich auch erst gewöhnen und beim Ballprellen zu zweit spritzte das Wasser auf, dass es nur so eine Freude war.

Wer dann alle Buchstaben zusammen hatte und keine falschen darunter hatte (was auch vorgekommen ist), musste zu guter Letzt noch seinen Geist anstrengen, um das Lösungswort zu finden. Burgfräulein Yolanda amüsierte die wartenden Kinder mit allerlei buntem Getier, welches sie nur aus aufblasbaren Gummihäuten herzustellen vortrefflich in der Lage war.

Bei der abschliessenden gemütlichen Runde bei schmackhaftem Gebäck wurde all den guten Geistern, die diese Reise unserer tapferen Turner erdachten, erkundeten und durchführten, herzlich von allen Seiten gedankt: insbesondere Yolanda für die fürsorgliche Betreuung der Kinder, Prinz Rupi für die Planung von Drahteseltour und Orientierungsschwimmen, Burgfrau Anita für die Bemühungen, den Nichtwissenden das gesittete Ballspielen näherzubringen, und nicht zuletzt dem Ritter Arthur, für die gesamte Leitung dieses Anlasses, die der Sage nach ein grosser Plausch für alle war.

Mit vielen schönen Eindrücken fuhren unsere Turner dann wieder zurück ins heimatliche Säuliamt, und wenn sie nicht gestorben sind, dann turnen sie noch heute.

Martin Knitsch