Es war einmal eine wackere Schar
Bonstetter Männerriegler, die hatten von der Müh und Last des Alltags genug und
beschlossen deshalb, ein Wochenende mit vielfältigen sportlichen Aktivitäten an
einem verträumten Ort ihres schönen Landes zu verbringen. Und so packten sie
ihre Stahlkarossen und fuhren mit Kind und Kegel nach Filzbach im Glarnerland,
inmitten saftiger Wiesen und sanft geschwungener Auen, dorthin, wo die Welt noch
in Ordnung war.
Nach dem Einrichten der
Schlafgemächer bemühte sich Margrit, Herberts trautes Weib, darum, die
schlaffen Glieder der Bonstetter Recken und ihrer Familien zum Leben zu
erwecken. Einigen weniger trainierten Turnern bereitete das "Zweirad fahren
auf dem Rücken" allerhand Mühe, und sie wähnten sich bereits am Ende ihrer
Kräfte, noch bevor das Wochenende richtig begonnen hatte.
Nachdem also der Sportsgeist
geweckt worden war, wurde mit allerlei vergnüglichen Spielen die Zeit
vertrieben. Einem Teil der Recken und Reckinnen versuchte Anita die Regeln
eines Spieles beizubringen, bei dem ein Ball wie ein heisser Erdapfel über ein
Netz gebracht werden muss. Statt mit einer Kartoffel kann man zum Üben auch ein
rohes Ei nehmen, daher der Name "Voll-Ei-Ball".
Andere verlustierten sich bei einem
Spiel, bei dem ein kleiner, hohler Ball mit einem besonders zu diesem Zweck
angefertigten Schläger in ein Netz geschlagen wird, vor dem jemand steht, der
ebendies zu verhindern sucht. Die Kameraden dieses Hüters des Netzes versuchen
ihrerseits, den Ball in das andere Netz zu schlagen, wodurch auf dem Spielfeld
im allgemeinen ein grosses Durcheinander entsteht.
Wieder andere spielten dann mit
einem gefiederten Ball, der, mit tellergrossen Schlägern an einem langen Stiel
geschlagen, ständig in der Luft bleiben muss. Wer den Ball fallen lässt, hat
einen Punkt verloren.
Nach einer wohlfeilen Stärkung um
die Mittagszeit machten sich unsere tapferen Turner auf den Weg zum Talalpsee.
Die meisten schnürten ihr Säckel und gingen auf Schusters Rappen, derweil
andere ihre Drahtesel bestiegen, um ans Ziel zu gelangen. Die Ansichten über
die Strecke waren sehr geteilt: während Ritter Fredi den Weg als sehr steil, ja
geradezu überhängend empfand, bezeichnete Prinz Rupi die Strecke als absolut
flach.
Aber
alle wurden mit einer wunderschönen Sicht auf den Walensee
belohnt, denn inzwischen war die Sonne herausgekommen und liess auch den
tapferen Wanderern das Wasser auf die Stirne treten. Der getreue Othmar übte
dazu fleissig auf den Titel als Christopherus der Berge - und war trotz
Schulterlast und lässig am Gürtel baumelnden Kinderschuhen unter den ersten,
die das Wirtshaus erreichten. Die Wirtin war dem gewaltigen Ansturm durstiger
Kehlen kaum gewachsen, und so wartete manch ein Wanderer
und manch ein Drahteseltreiber ziemlich lange auf das wohlverdiente Bier.
Einige
wagemutige Sportsfreunde machten sich danach einen Spass daraus, mit eigens
dafür hergerichteten Schlitten - mitten im Sommer- wieder das Tal zu erreichen.
Eine böse Fee aber verhexte den Schlitten vom armen Herbert. Als dieser nämlich
wegen eines langsam Vorausfahrenden bremsen musste, war der Schlitten Herberts
Bärenkräften nicht mehr gewachsen und verliess kurzerhand die Bahn wie ein
trotziges Kind, während der unglückliche Fahrer schwere Blessuren davontrug.
Die Mutigsten nahmen danach noch
einen Tretroller, um in atemberaubender Geschwindigkeit das Tal zu erreichen.
Wieder in der Herberge angekommen,
versuchten einige mannstolle Weiber, eines kräftigen Mannsbildes habhaft zu
werden, indem sie ihm in der Dusche auflauerten. Nachdem aber Max der Kühne
sich gerade noch - Zeter und Mordio schreiend - retten konnte und ihm andere
Recken zu Hilfe eilten, gaben die Frauen vor, sich nur in der Dusche geirrt zu
haben. Wer’s glaubt, zahlt einen Taler.
Nach dem wohlverdienten Essen zur
Nacht wurden wieder die Spiele vom Vormittag aufgenommen. Bei einem neuartigen
Ballspiel mit dem fremdländisch klingenden Namen "Juke-Ball"
übertrafen sich Herbert, Willi und Fredi gegenseitig im Danebenwerfen.
Erschöpft von den vorausgegangenen
Anstrengungen suchten jedoch die meisten zur rechten Zeit ihr Nachtlager auf,
und so fand dieser erste Tag ein seriöses Ende.
Ruedi und Fredi haben wohl beim
Vertilgen der erlesenen Reste vom DUL-X - Buffet so zugeschlagen, dass der
Lattenrost ihrer Lagerstatt das Gewicht nicht zu tragen vermochte.
Am nächsten Morgen machten sich
unsere wackeren Freunde gleich wieder ans Werk, die einen sitzend und
schwatzend, andere gehend und wieder andere laufend. Alexander, der
noch-nicht-ganz-so-grosse unterschätzte dabei die Kondition und das Tempo von
Prinz Rupi und ging in der Folge verloren. Dank intensiver Suche der eben noch
Schwatzenden und Sitzenden wurde er aber bald wieder aufgespürt und zur
Herberge geleitet. Mit verschiedenen Spielen wurde der Vormittag abgerundet,
unter anderem auch wieder mit dem beliebten Volleyball, das nun langsam
wirklich danach aussah. Beim Unihockey ging durch die forsche Bewegung eines
Mitspielers Fredis Sehhilfe zu Bruch.
Am Nachmittag konnte dann der
krönende Abschluss der Reise unserer Turner durchgeführt werden. Mit nichts
weiter als einem Stück Papier, auf das vorher noch am rechten Ort kleine
Kreuzchen zu setzen waren, wurden die Teilnehmer buchstäblich in den Regen
geschickt. Ritter Herbert schaute dabei so fest aufs Papier, dass ein Glas
seiner Brille dem Blick nicht standhalten konnte und beschloss, sich von seinem
Gestell zu trennen. Wer also seine Kreuze richtig gesetzt hatte, fand schnell
die Posten mit den Lettern und diejenigen, an denen die Geschicklichkeit auf
die Probe gestellt wurde. Beim Luftballonplatzen nahm
manch Dame in höchster Verzweiflung ihre Fingernägel zu Hilfe; ans Pedalofahren musste man sich auch erst gewöhnen und beim
Ballprellen zu zweit spritzte das Wasser auf, dass es nur so eine Freude war.
Wer dann alle Buchstaben zusammen
hatte und keine falschen darunter hatte (was auch vorgekommen ist), musste zu
guter Letzt noch seinen Geist anstrengen, um das Lösungswort zu finden.
Burgfräulein Yolanda amüsierte die wartenden Kinder mit allerlei buntem Getier,
welches sie nur aus aufblasbaren Gummihäuten herzustellen vortrefflich in der
Lage war.
Bei der abschliessenden gemütlichen
Runde bei schmackhaftem Gebäck wurde all den guten Geistern, die diese Reise
unserer tapferen Turner erdachten, erkundeten und durchführten, herzlich von
allen Seiten gedankt: insbesondere Yolanda für die fürsorgliche Betreuung der
Kinder, Prinz Rupi für die Planung von Drahteseltour und
Orientierungsschwimmen, Burgfrau Anita für die Bemühungen, den Nichtwissenden
das gesittete Ballspielen näherzubringen, und nicht zuletzt dem Ritter Arthur,
für die gesamte Leitung dieses Anlasses, die der Sage nach ein grosser Plausch
für alle war.
Mit vielen schönen Eindrücken
fuhren unsere Turner dann wieder zurück ins heimatliche Säuliamt,
und wenn sie nicht gestorben sind, dann turnen sie noch heute.
Martin Knitsch